Unzureichende Ausbildung und fehlende Arbeitsmöglichkeiten – die Lage im nepalesischem Dorf Pashupati gleicht der in vielen anderen Dörfern des Landes. Es ist weit verbreitet, dass sich die Männer Arbeit in größeren Städten suchen oder ins benachbarte Indien auswandern. Dort hoffen sie gut bezahlte Arbeit zu finden. Die Frauen bleiben in den Dörfern zurück und kümmern sich um den eigenen Haushalt und die Kinder. Manche Frauen arbeiten als Reinigungskräfte in wohlhabenderen Haushalten. So können sie ein bisschen Geld dazu verdienen. Wegen der Arbeit haben sie dann nur wenig Zeit für die Betreuung der eigenen Kinder.
In den Schulen sind sogenannte Schulmanagement Committees (SMCs) für den gleichberechtigten Zugang und die Qualität der Bildung zuständig. Die SMCs verfügen über die Ressourcen, auch Kinder aus wirtschaftlich schwachen Familien zu unterstützen und die Schulbildung für alle zu garantieren. Oft führen die SMCs ihre Aufgaben jedoch nicht aus. Viele Kinder aus armen Familien müssen ihre Schulbildung abbrechen und haben somit keinerlei Aussichten auf eine Ausbildung oder Arbeit. Dieses Umfeld macht Kinder extrem anfällig für die Lügen von Menschenhändler_innen.
Genau das ist in Janakis Umgebung passiert. Janaki Godlyas ist 34 Jahre alt. Die Mutter hat eine Tochter und zwei Söhne. Sie ist Mitglied der Selbsthilfegruppe Ram Janaki, die von International Nepal Fellowship (INF) gegründet wurde. Ihre Söhne sind 20 und 14 Jahre alt. Der ältere Sohn brach die Schule nach der 7. Klasse ab, der jüngere bereits nach der 5. Klasse.
Beide Söhne sind arbeitslos und haben keine Aussichten auf einen Job. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem ein Mann ins Dorf kommt und ihnen eine gut bezahlte Arbeit anbietet. Der Mann sagt ihnen, dass sie für den Job mit ihm nach Indien kommen müssen. Die Söhne sind begeistert von der Aussicht, viel Geld für ihre Familie zu verdienen und planen ihre Abreise nach Indien.
Janaki bemerkt das veränderte Verhalten ihrer Söhne und wird dem neuen Mann im Dorf gegenüber skeptisch. Durch ihre Selbsthilfegruppe, in der illegaler Menschenhandel ein großes Thema ist, weiß sie über die Ursachen, die Gefahren und das Vorgehen von Menschenhändler_innen Bescheid. Janaki weiß auch, wie sie mit der Situation umgehen muss und holt sich Unterstützung von ihrer Familie. Ihre Brüder, also die Onkel ihrer Söhne, können die beiden von der Idee abbringen, mit dem Mann nach Indien zu gehen. Janaki findet außerdem heraus, dass der Mann selber arbeitslos ist und kein eigenes Geschäft betreibt. Den Söhnen hatte er versprochen, sie in seinem Unternehmen anzustellen.
Trotz seiner Arbeitslosigkeit scheint der der Mann viel Geld zu haben und die Bewohner_innen des Dorfes sind sich sicher, dass er ein Menschenhändler sein muss. Leider kann der Mann fliehen, bevor die nepalesischen Behörden eingeschaltet werden können. Aber jetzt weiß das Dorf Bescheid und dank Janaki konnten nicht nur ihre eigenen Söhne vor dem Menschenhandel gerettet werden, sondern auch weitere potenzielle Opfer. Janaki selbst sagt: „Wenn ich nicht über das Problem des Menschenhandels Bescheid wüsste, wären meine Söhne vielleicht nach Indien verschleppt worden. Ich danke INF Nepal und ihren Mitarbeitern für ihre unermüdlichen Bemühungen, uns aufzuklären.“ Außerdem will sie weiterhin aktiv bleiben, „um die übrigen Mitglieder der Gemeinschaft zu sensibilisieren und so den Menschenhandel in unserer Gemeinschaft auszurotten.“