In den abgelegenen Bergdörfern Nepals herrscht große Armut. Eine medizinische Versorgung ist meist nur in den großen Städten des Landes möglich. Die Wege dorthin sind weit, nicht selten dauert die Reise in die nächste Klinik Tage, und ist mit vielen Risiken verbunden. Für Menschen mit Behinderungen sind die Wege in den meisten Fällen unmöglich zu bewältigen. Aufgrund der prekären Gesundheitsversorgung im Land ist eine medizinische Versorgung dieser Bevölkerungsgruppe in Nepal daher schlichtweg nicht möglich. Erschwerend kommt hinzu, dass Menschen mit Behinderungen in Nepal in vielen Fällen von der Gemeinschaft und der Familie als Belastung empfunden und gesellschaftlich ausgegrenzt werden. Dies ist auf die hinduistische Ideologie zurückzuführen, wonach Menschen ihre körperlichen Einschränkungen aufgrund eines Vergehens verdient haben. Die soziale Ausgrenzung und die regionale Isolation machen es Menschen mit Behinderungen unmöglich, die dringend benötigte medizinische Versorgung zu erhalten.
Das Schicksal der Menschen in den Bergdörfern
In vielen Fällen sind die Behinderungen nicht von Geburt an vorhanden, sondern wurden durch die schwierigen Lebensbedingungen und die harte Arbeit in den Bergregionen verursacht. Der schwierige Zugang zu der prekären Gesundheitsversorgung im Land kann ebenfalls dazu beitragen, dass sich Verletzungen zu Behinderungen entwickeln. Menschen, die ohnehin schon unter den schwierigen Lebensbedingungen in den Bergdörfern leben, werden durch eine Krankheit oder einen Unfall somit schnell noch ärmer. Bislang werden Menschen mit Behinderungen in Nepal von vielen Institutionen und dem Staat ignoriert. Seit vielen Jahren konzentriert unser lokaler Partner International Nepal Fellowship (INF) seine Arbeit auf die Bereiche Gesundheit und Lebensqualität, insbesondere auf benachteiligte und marginalisierte Bevölkerungsgruppen in schwer zugänglichen Gebieten im Westen Nepals. Dort sind die Menschen am dringendsten auf Unterstützung angewiesen. Da wir bisher die einzigen Hilfsorganisationen sind, die in diesem Bereich in Karnali tätig sind, ist unsere Arbeit dort umso wichtiger.
Gemeinsam Barrieren abbauen...
In der Region Karnali gibt es einen großen Mangel an fachkundigem Personal und wichtigen Medikamenten. Ärzt*innen zögern, in Krankenhäusern in den abgelegenen Distrikten zu arbeiten. Daher sind die Menschen gezwungen, selbst für kleinere Behandlungen in Krankenhäuser in anderen Provinzen zu gehen. Die staatlichen Kapazitäten zur Bereitstellung von Dienstleistungen ist begrenzt und können von vielen Menschen mit Behinderungen aufgrund der schwierigen Topographie nicht in Anspruch genommen werden. Diese Barrieren für die Gesundheitsversorgung werden durch kulturelle Stigmata, mangelndes Wissen über die Verfügbarkeit von Gesundheitsdiensten oder physische Hindernisse wie das Fehlen einer guten Verkehrsinfrastruktur in Berggebieten und für Menschen mit Behinderungen noch verstärkt. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, diese Barrieren abzubauen und den Zugang zu Pflege- und Behandlungsleistungen für Menschen mit Behinderungen zugänglich zu machen.
...und Zukunft gestalten
In Jumla und Mugu, zwei Distrikten in der Provinz Karnali, profitieren 1 500 Menschen mit Behinderungen durch unser Projekt von Hilfsmitteln, häuslichen Modifikationen und telemedizinischen Diensten. Diese Maßnahmen helfen den Menschen, einfache medizinische Versorgung in ihrer gewohnten Umgebung in Anspruch zu nehmen, ohne die äußerst schwierige und gefährliche Reise ins nächste Krankenhaus auf sich nehmen zu müssen. Dies trägt erheblich zu einer Verbesserung der Lebensqualität bei. Die Qualität der Gesundheitsversorgung wird durch die Schulung von 890 Mitarbeiter*innen in Gesundheitseinrichtungen verbessert, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen in den Bergdörfern zugeschnitten sind. Darüber hinaus werden bestehende Gesundheitseinrichtungen mit medizinischen Geräten ausgestattet, Rampen installiert und Schulungen zu diskriminierungsfreier und inklusiver Sprache angeboten. Die Gründung von Selbsthilfegruppen für Menschen mit Behinderungen hilft ihnen, sich als geschlossene Gruppe zu organisieren, Informationen über ihre Rechte auszutauschen und sich gemeinsam für ihre Anliegen und Bedürfnisse einzusetzen. Zudem nehmen 120 Mitarbeiter*innen der lokalen Behörden an dem Projekt teil, wodurch der Zugang zu Gesundheitsdiensten langfristig verbessert wird. Indirekt profitieren auch die Familien und die Bevölkerung der Dörfer von unserem Projekt durch die Aufklärungsarbeit, die zur allgemeinen Verbesserung der Situation von Menschen mit Behinderungen beiträgt. So stärken wir gemeinsam die Gesundheitsversorgung und die soziale Teilhabe am gesellschaftlichen Leben von Menschen mit Behinderungen in Nepal.